Illustriertes Universal – Kochbuch

Lina Morgenstern

Das ABC der Kochkunst

II. Über das Braten im Ofen, auf dem Roste und am Spieß.

Bei den Grundsätzen, die ich für Kochen und Braten aufstellte, konnte ich auf die Spezialität des Bratens nicht eingehen, was hiermit geschieht.

Ein guter Braten bildet stets das Hauptstück, die Krone bei vornehmer, wie bei einfacher Tafel, aber er bedarf auch der größten Aufmerksamkeit und sorgeerregend und gesundheitsschädlich ist.

Das dazu bestimmte Tier darf nicht zu frisch geschlachtet oder geschossen sein, wenn der Braten mürbe und saftig werden soll, doch noch weniger darf das Fleisch das geringste Maß der Fäulnis durch üblen Geruch andeuten, da es alsdann Ekel erregend und gesundheitsschädlich ist.

Zuerst gilt es, den Bratofen eine halbe Stunde vor Gebrauch zu heizen, damit er gut durchhitzt ist. Jeder Braten, außer vom Schwein, von der fetten Gans oder der Ente, die mit kochenden Wasser zugesetzt werden, wird mit reichlicher siedender Butter oder mit dem Fett zugesetzt.. Große Stücke, wie Keulen, Rinderbrust klopft man zuvor, indem man sie dabei mit einem Tuch umhüllt. Rinderfilet, Hammelbraten, Kalbsbraten und Wild spickt man mit Speckstreifen, um das Fleisch saftiger zu machen, wobei man die Spicknadel vorsichtig gebrauchen muss, um das Ansehen des Fleischstückes nicht zu verunzieren. Man benutzt nur gut glasierte, oder emaillierte Bratpfannen, da bei Rissen oder fehlender Emaille der Braten leicht anbrennt. Man benutzt nur gut glasierte, oder emaillierte Bratpfannen, da bei Rissen oder fehlender Emaille der Braten leicht anbrennt. Man muss daher mit dem Reinigen sehr vorsichtig sein und besonders des Satz nicht mit dem Messer auskratzen. Bei dem Einsetzen in den Ofen legt den Braten, den man vorher mit Salz einreibt, sofort mit der ansehnlichen Seite nach oben und bestreicht ihn mit erhitzter Butter, um zu schützen, dass der Saft auslaufe. Nachdem die Butter in den Braten eingezogen ist, gießt man Wasser oder Bouillon von Zeit zu Zeit in die Pfanne, salzt nach, begießt ihn aber nicht mit dieser Brühe, sondern alle 5 – 10 Minuten mit zerlassener Butter oder Fett, das man bei fettem Braten von der Sauce abgeschöpft hat. Um das Anhängen zu verhüten, legt man eine hölzerne Bratenleiter unter das Fleisch, ist die Unterhitze zu stark, oder fehlt es an Oberhitze zum Bräunen, so setzt man die Pfanne auf einen Untersatz; sollte dagegen der Braten zu schnell braun werden, so überdeckt man ihn mit Speckscheiben oder mit einem in Butter bestrichenem Papier.

Die Bratzeit ist je nach der Größe des Fleischstücks, seinem Alter und der Festigkeit seiner Faser verschieben. Um dem Fleisch seinen ihm eigentümlichen Geschmack nicht zu benehmen, füge man kein oder wenig Gewürz bei, auch vermeide man beim Seimigmachen der Sauce das Mehl und tue lieber lieber eine Brotkruste oder in Butter geröstete Semmel in die Sauce. Viele Braten bestreicht man mit saurem Rahm, um eine braune Kruste zu machen und der Sauce einen säuerlichen Wohlgeschmack zu geben. Den Satz der Sauce rührt man beim Anrichten mit heißem Wasser oder Brühe von der Pfanne los; die Sauce gießt man durch und entfettet sie.

Braten auf dem Rost geschieht mit kleinen Fleischstücken, wie Koteletts, Rumpsteaks, kleinem Geflügel. Man benutzt einen Rostbratenapparat, der neuestens mit schrägem Abfall in einer Rinne zum Auffangen des Fettes endet. Man bestreicht den sehr sauber gehaltenen Rost mit Fett, ebenso das zu bratende Stück, erwärmt den Apparat erst fünf Minuten über Kohlenfeuer oder Gasflamme und lässt dann schnell das Fleischstück von beiden Seiten braten. —

Das Braten am Spieß ist nur für große Haushaltungen passend, weil Raum und eine besondere Vorrichtung dazu nötig sind und geschieht nur bei Holz- oder Holzkohlenfeuerung. Eine halbe Stunde vor Gebrauch wird ein helles Feuer in einer dazu bestimmten Nische des Herdes angezündet, dann befestigt man den Braten am Spieß, der sich entweder durch eine mechanische Vorrichtung von selbst dreht oder durch eine Person vermittels einer Kurbel gedreht wird. Der Spieß ruht auf dem Feuerbock und während des langsamen Drehens begießt man den Braten mit Butter. Unter dem Bock ist eine Pfanne zum Auffangen des Fettes hingestellt, das Feuer kommt von der Seite und auf der entgegengesetzten Seiten muss das Feuer stärker sein als in der Mitte. Zugluft muss vermieden werden. Die Butter darf durchaus nicht gespart werden und nachdem der erste Butteraufguss vollständig in das Fleisch eingedrungen ist, bestreut man dasselbe von allen Seiten mit fein gestoßenem Salz. Statt des Spießes hat man jetzt Spießapparate, welche den Spieß vollständig ersetzen und keine Schwierigkeiten machen.

Jede Art Braten bedarf verschiedener Hitze. Große Braten und Gemüse bedürfen mehr, Kalbfleisch und kleines Geflügel weniger Hitze, auch müssen dieselben in ein mit Butter getränktes Papier gehüllt werden, damit die Haut nicht sofort verbrennt. Gegen Ende des Bratens nimmt man das Papier ab und einige Anwendungen genügen, um die Haut und die Speckstreifen gehörig zu bräunen. wenn der Braten Dampf auszuschwitzen beginnt, ist es ein Zeichen, dass er gar ist. Auch kann man bei großem Braten mit der Spicknadel hineinstechen, ob noch roter Saft ausfließt. Große Fleischstücke von 4 bis 5 kg bedürfen 2½ – 3 Stunden, Stücke von 2 – 2½ kg 1½ bis 2 Stunden, kleineres Geflügel ½ – ¾ Stunden. Die Sauce bereitet man extra.