Illustriertes Universal – Kochbuch

Lina Morgenstern

Vorwort zur 8. Auflage

Als ich im Jahre 1878 die Kochschule des Berliner Hausfrauenvereins begründete, sah ich mich vergeblich nach einem Lehrbuch um, das außer den Rezepten für Hausmannskost, feine und feinste Koch-, Back- und Konservierungskunst, auch die Diät und rationelle Ernährung in Krankheitsfällen und die Nahrungsmittellehre enthält. So entschloss ich mich, durch gründliche Studien und nach eigener Erfahrung diese Lücke auszufüllen.

Die täglichen Mahlzeiten werden durch gute, nahrhafte, wohlschmeckende und hübsch angerichtete Speisen zum Genuss für die Familie, durch schlechte Speisen zu Qualzeiten.

Von der diätetischen Ernährung hängt die Genesung sehr oft ab, während eine mangelhafte Zubereitung der vom Arzt verordneten Speisen oft schadet. Ich studierte die besten diätetischen Werke berühmter Ärzte, um in meinem Buche eine maßgebende Diät bei allen Krankheiten und Krankheitsanlagen geben zu können.

Seit ich 1866 die Berliner Volksküchen begründete, beschäftigte ich mich mit der Erforschung einer vernünftigen, gesunden Ernährung, denn gerade bei der Massenspeisung der Arbeiter, wie der wenig Bemittelten, muss man bedacht sein, zu kochen, was nicht nur sättigt, sondern leistungsfähig macht.

Alle in dem Universalkochbuch gebrachten Rezepte und andere Anweisungen haben den Vorzug, von fachkundigen Küchenmeistern und Kochlehrerinnen beim praktischen Unterricht benutzt und geprüft worden zu sein.

Da der Geschmack der Geist der Kochkunst ist, werden diejenigen den meisten Nutzen von meinem Buche haben, welche nicht mechanisch nach den Rezepten bereiten, sondern abschmecken, prüfen und nach der gegebenen Anleitung je nach ihren Verhältnissen und Mitteln auch zu verändern verstehen.

So sende ich die achte, vollständig wieder durchgesehene Auflage mit dem Wunsche in die Welt, dass alle, die Belehrung aus dem Universalkochbuch schöpfen und es dauernd benutzen wollen, ihre eigene Befriedigung dabei finden, indem sie einsehen lernen, dass das Kochen keine mechanische, geistlose Arbeit sein darf, sondern eine auf Wissen und Können beruhende Kunst, von der das leibliche Wohlergehen und Wohlbehagen all derer abhängt, für die von der Küche aus gesorgt wird.

Diese Kenntnisse gehören dazu, um Nähr- und Genussmittel harmonisch in den Speisen zu verwenden. Überlegung, Maßhalten, Zeiteinteilung, Ausbildung und Verfeinerung des Geschmacks sind der guten Köchin ebenso notwendig, wie Sauberkeit, Pünktlichkeit, Ordnung und Verständnis beim Einkauf durch Warenkenntnis.

Berlin 15. Oktober 1905.

Lina Morgenstern.