Das Tranchieren, Zerschneiden und Zerlegen.
Das Tranchieren ist von jeher als eine Kunst betrachtet worden, die größere Übung erfordert, und die in der Geschichte der Kochkunst und Gastronomie eine große Rolle spielt. Die Römer hatten bei ihren Gastmählern besondere Vorschneider, die das Fleisch nach dem Takt der Flötenspieler und nach allen Regeln der Kunst, schnell und anmutig in ihren Bewegungen, geschickt zerlegen mussten. Bis die Gallier unter römische Herrschaft kamen, verstanden sie von der Kunst des Tranchieren nichts, rissen vielmehr das Fleisch auseinander oder jeder schnitt sich das möglichst beste Stück ab. Erst im 5. Jahrhundert nahmen sie die feinen Sitten bei Tafel von den Römern an, allmählich beschränkte man sich nicht darauf die Diener und Sklaven tranchieren zu lassen, sondern jeder Ritter setzte seine Ehre darein, tranchieren zu können, bis an den Fürstenhöfen das Amt eines Vorschneiders, der zugleich die Speisen vorkosten musste (da oft Intrigen und Vergiftungen vorkamen), zu einem der angesehensten Ehrenämter erhoben wurde. An den französischen Höfen hießen diese Vorschneider, die Grafen und Fürsten waren, Sénéchal, in Deutschland, wo sich auch die Sitte einbürgerte, Truchsess oder Oberküchenmeister. Die deutschen Kaiser erhoben diesen Posten zu einer erblichen Würde, die es freilich mit sich brachte, dass der Truchsess das eigentliche Vorschneiden den Unterbeamten überließen und nur die Speisen auftrug, die für den Kaiser oder König bestimmt waren.
In England ist jeder junge Mann aus guter Familie bemüht, die Tranchierkunst zu erlernen und zu üben, man erweist einem Gast eine Ehre, wenn man ihn tranchieren lässt und findet Herren, die es mit solcher Gewandtheit tun, dass sie große Geflügel auf der Gabel in freier Luft halten und Stücken davon schneiden, während sie noch eine lebhafte, witzige Unterhaltung führen.
Jetzt ist es fast allgemein in die Hand der Köche und Köchinnen gegeben, in der Küche die Speisen anzurichten, ehe sie zur Tafel kommen und die Kunst besteht dann darin, die Braten wieder so zusammenzustellen, dass sie möglichst das Aussehen des unzerteilten Ganzen haben und darauf zu achten, dass so wenig Saft wie möglich verloren geht und dass die Stücke bequem fortzunehmen sind, ohne aneinander zu hängen.
Jede Hausfrau, die ja meist selbst bei Tisch tranchiert oder ihre Köchin dazu anlernen muss, sollte diese Kunst erlernen, die Ähnlichkeit mit dem Sezieren hat. Sie muss lernen das Messer gut ansetzen, die Gabel kräftig einzuspicken, die Gelenke zu treffen und geschickt zu durchschneiden und appetitlich die Stücke zu zerlegen und auf die Schüssel zu ordnen, so dass das Ökonomische berücksichtigt wird, nämlich nicht zu große Stücke, Verteilung unter die Tischgenossen, dass jeder ein möglichst gutes Stück, nicht nur einige die bevorzugten erhalten. Notwendig zum Tranchieren braucht man einen runden, sauberen Holzteller mit Rand, groß wie eine Schüssel, eine große dreizackige Fleischgabel, ein langes, sehr gutes, biegsames, spitzes tranchiermesser und eine Tranchierschere (wie die Konservenschere, welche beim Zerlegen der Gelenke sehr gute Dienste leistet).
Grundregel ist: Die Fasern des Fleisches quer durch, niemals der Länge nach zu schneiden.
Bei größeren Diners kommen die Speisen gewöhnlich schon zerlegt auf den Tisch, da es nur so möglich ist, die einzelnen Schüsseln geschmackvoll zu garnieren, auch dadurch die großen Pausen, welche das Tranchieren bei Tische verursachen würde, vermieden werden.