Illustriertes Universal – Kochbuch

Lina Morgenstern

1 — Vorbereitung des Geflügels.

Das Geflügel muss, wenn es nicht zu zäh schmecken und faserig sein soll, wenigstens einen oder mehrere Tage vor dem Gebrauch geschlachtet sein. Da, wo es nicht schon geschlachtet und gerupft zu Markte gebracht wird, würde man folgendermaßen dabei verfahren:
man schlachtet das Geflügel, indem man dicht unter dem Kopfe einige Federn abrupft, den Hals an dieser Stelle mit einem scharfen Messer bis zu den Halswirbeln durchschneidet, es ausbluten lässt und alsdann noch warm, ohne jedoch die Haut zu zerreißen, rupft.

Soll das Blut wie bei Gänsen und Enten benutzt werden, so fängt man es unter fortwährendem Rühren in einem Gefäß mit etwas Essig auf. jedoch die Haut zu zerreißen, rupft.

Wird das Geflügel gebrüht, so lässt man es nach dem Schlachten einige Zeit in kaltem Wasser liegen, schüttelt es es ab und taucht es mehrere Male in kochendes Wasser, bis die Federn leicht loslassen; doch hat man sich dabei vor dem Verbrühen des Geflügels in Acht zu nehmen, indem sonst mit den Federn zugleich die Haut abgerissen würde.

Um das Geflügel auszunehmen, legt man es mit der Brust auf ein Brett, drückt mit dem Daumen und dem Zeigefinger der linken Hand die Haut unter dem Halse zusammen, macht dann zwischen den Flügeln anfangend einen Schnitt bis zur Mitte des Halses und nimmt den Kropf und die Gurgel heraus. Danach legt man das Geflügel auf den Rücken, führt durch die Öffnung der Brust den Zeigefinger in den Körper ein und löst die Eingeweide von der Brust und dem Rücken. Nachdem der After so klein wie möglich herausgeschnitten ist, macht man einen Schnitt in die Bauchhöhle, entfernt die Eingeweide durch die entstandene Öffnung, sengt nun über einer Spiritus- oder Gasflamme die noch vorhandenen kleinen Federn und wischt das Geflügel mit einem reinen Tuche sauber ab. Sollen die Füße benutzt werden, so hält man sie so lange in die Flamme, bis sich die obere Haut leicht abstreifen lässt.

Nachdem das Geflügel rein abgewaschen (es kann auch mit etwas Kleie in Wasser abgerieben werden), aber nicht gewässert ist, wird der Hals abgehauen, sowie die Klauen von den Füßen und das Geflügel zu einer schönen Form dressiert (geformt), indem man die Keulen nach der Brust zu zurückschiebt, sie mit einer starken Stricknadel und Bindfaden dicht am Kniegelenk durchsticht, den Bindfaden auf dem Rücken über den Flügeln fest zusammenbindet und das äußerste Flügelglied nach dem Rücken umbiegt. Sodann werden die Keulen dicht auf dem Steiß zusammengedrückt, damit die Brust recht hervortritt und die Nadel zuerst durch die oberen Keulenstücke und wieder zurück durch die unteren gestochen, wo dann an der Seite die beiden Bindfadenenden fest zusammengebunden werden.

Ist das Geflügel zum Dämpfen oder Kochen bestimmt, so biegt man die Füße, nachdem die Klauen abgehauen sind, auf die Keulen zurück und befestigt sie in dieser Lage. Hat das Geflügel eine spitze Brust, so schlägt man den Brustknochen mit einem Holzlöffel entzwei, muss aber zuvor ein mehrmals zusammengelegtes Tuch über die Brust decken, um die Haut nicht durchzuschlagen. Will man Geflügel längere Zeit aufbewahren, so nimmt man mit einem kleinen Haken das Eingeweide behutsam heraus und hängt es mit den Federn an einem kühlen Orte auf oder legt es in ein reines Tuch geschlagen auf Eis.