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Untersuchung über die Machbarkeit von Community Radio
in Südafrika
A. Einleitung
Mitglieder der Afrika AG der Stiftung Umverteilen und ein Vertreter
von COPPI e.V. diskutierten im November 1992 mit dem URDEP (Urban
and Rural Educational and Development Projects)- Vertreter James
Marsh bei dessen Berlinaufenthalt die Möglichkeit, lokale Rundfunksendern
in Südafrika einzusetzen. Der Grundgedanke des erörterten
Radioansatzes war, den Communities ein Medium zur Verfügung
zu stellen, welches durch technisch einfache Handhabung auch von
ihnen kontrolliert werden könne. Das von URDEP geschaffene
Netz in den städtischen und vor allem in den ländlichen
Regionen sollte genutzt werden, um mit dem Aufbau von Community-Radios
zu beginnen. In dem Gespräch wurde vereinbart, daß URDEP
eine Feasibility-Studie zu Community- und Bildungssendern erstellt
- COPPI e.V. wird hierzu die technische Seite durch Entsendung eines
Experten aus Berlin abdecken, die Afrika AG stellt die Finanzen
zur Verfügung. Von dem Ergebnis der Studie sollte abhängen,
ob mit der Realisierung bereits begonnen werden kann. Für eine
Weiterverfolgung des Projektes bei entsprechenden Rahmenbedingungen
hatte die Afrika AG der Stiftung ein generelles Votum abgegeben.
COPPI e.V. sollte die technischen Voraussetzungen des Projektes
klären. Diese können jedoch nicht unabhängig von
der juristisch- politischen Situation und den jeweiligen Community-Strukturen
behandelt werden. Dies wäre nicht sinnvoll und widerspräche
auch dem Selbstverständnis von COPPI e.V., das den Schwerpunkt
auf die Stärkung basisdemokratischer Strukturen legt.
In der URDEP-Studie, werden ausführlich die alten und formal
noch wirkenden Bestimmungen zum Betreiben von Rundfunksendern geschildert.
Rundfunksender außerhalb des technischen Netzes der South
African Broadcasting Corporation (SABC) sind bisher nicht möglich
gewesen. Mittlerweile existieren kommerzielle Rundfunksender, diese
sind aber ausschließlich lizensierte Radiostationen, die die
Infrastruktur des SABC nutzen. Ihre mit technologisch hohem Aufwand
betriebenen Programme werden über vom SABC gemietete Frequenzen
ausgestrahlt. Diese kommerziell betriebenen Stationen arbeiten mit
teurer Technologie und bringen eine technische und politische Zentralisierung
mit sich. Aus diesem Grund können sie für uns kein Modell
für dezentrale, von den Communities kontrollierte Sender abgeben.
Die Bedeutung der derzeit noch geltenden Bestimmungen sollte aber
nicht überschätzt werden. Südafrika befindet sich
in einer Übergangsphase , mit der ihr entsprechenden Unsicherheiten,
aber auch Möglichkeiten. Die zu erwartenden politischen Konstellationen
für die Zeit nach den Wahlen lassen sich nicht mit Bestimmtheit
vorauszusagen sind - wir gehen davon aus daß sie tatsächlich
nächstes Jahr stattfinden werden. Dennoch erwarten wir eine
Kommerzialisierung und damit verknüpft Liberalisierung des
Rundfunksektors in Südafrika. Ähnlich der Phase der lokalen
Rundfunksender in Westeuropa vor einigen Jahren ist für die
Zeit nach den Wahlen mit einem Boom von kommerziellen und auch regionalen
Sendern, zumindest in den Städten, zu rechnen. Jetzt gibt es
bereits etwa 130 Anträge von vor allem kommerziellen Sendern
auf Frequenzenzuweisungen. Für die Öffnung des Mediums
für den kommerziellen Bereich, die auch Nischen für Alternativradios
mit sich bringen dürfte, spricht, daß Südafrika
keineswegs ein Entwicklungsland ist. Es verfügt in den Metropolen
über einen, analog den europäischen Städten, hoch
entwickelten Sektor mit einer bestimmenden Rolle des Big Business.
Die relativ hohe Anzahl von Frequenzbeantragungen bereits jetzt
sollte die Initiativen aus den Communities nicht abschrecken. Unter
einer neuen Regierung kann mit der Vergabe auch an Bürgerradios
in den Städten gerechnet werden. Zudem befinden sich die von
uns anvisierten Gebiete auf dem Land, wo aufgrund der kaum vorhandenen
Kaufkraft kommerzielle Sender nicht interessiert sein werden. Zu
diesem Zeitpunkt mit dem Aufbau von lokalen Sendern die Initiative
zu ergreifen, bietet die Chance, Tatsachen zu schaffen und für
den Zeitpunkt nach den Wahlen funktionierende Projekte mit einer
bereits durchgeführten Praxisphase vorweisen zu können.
Ein schon arbeitendes Radioprojekt stillzulegen, ist für die
Behörden eine anderer Schritt, als einen Frequenzantrag nicht
zu bewilligen.
Die folgenden Grundsätze sollen sichern, daß ein Radio
von seinen BetreiberInnen kontrolliert wird und nicht durch finanzielle,
personelle oder technische Abhängigkeiten der Zensur oder fremder
Einflußnahme ausgesetzt ist. Dadurch soll ermöglicht
werden, daß auch in Gebieten mit geringer Alphabetisierungsrate
Basisradio möglich ist.
1.
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Auf Spezialisten muß verzichtet werden. Sende-, Studio
und Aufnahmetechnik muß von allen erlernbar sein.
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2.
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Keine finanzielle Abhängigkeit von den Geldgebern.
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3.
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Keine technische Abhängigkeit.
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Die technische Realisierung richtet sich nach der folgenden
Prioritätenliste:
a.
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Schutz von Leben, Gesundheit und Umwelt
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b.
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Schutz vor materiellen Schäden
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c.
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Schutz vor Sabotage und Diebstahl
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d.
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Einfache Handhabung
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e.
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Geringe Folgekosten
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f.
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Geringer Wartungsaufwand
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g.
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Einfache Instandsetzung und Reparatur
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Mit kleinen UKW-Sendern und kleinen Studios lassen sich diese Bedingungen
erfüllen. Mit kleinen Leistungen (5-100 Watt) sind ausreichend starke
Signale mit einer Reichweite von mehr als 60 km möglich.
Während eine Radiostation mit den zukünftigen BetreiberInnen
schlüsselfertig aufgebaut wird, können die elementaren Grundbegriffe
und Regeln vermittelt werden. Die Qualifizierung der BetreiberInnen kann im
laufenden Betrieb erfolgen.
1.3. Die technischen Rahmenbedingungen
Auf das technische Netz, das durch den SABC geschaffen wurde, wollen
wir nicht im Detail eingehen. Zu den Kosten konventioneller Sender
sind in der Feasibility-Studie von URDEP Angaben zu finden. Das
SABC hat mittlerweile eine kommerziell tätige Firma, Sentech,
geschaffen. Sie bietet technische Dienstleistungen für Privatsender,
die Teile des SABC-Netzes nutzen wollen, an. Sentech hat sich für
eine Öffnung des Rundfunksektors und für ein unabhängiges
Kontrollgremium ausgesprochen. In Sentech-Broschüren kann nachgelesen
werden, wie die Nutzung des SABC für einen privaten Sender
aussehen würde: Mieten der Einrichtungen, Studio, Sendemast
usw. Für unser Radiomodell, ein dezentrales, von den Communities
kontrolliertes Medium, kann das Nutzen der SABC-Einrichtungen keine
mögliches Vorgehens sein.
1.3.1. Frequenzbereiche
Es kommt nur der Bereich von 88 - 108 MHz, der UKW-Hörfunkbereich,
in Betracht. Sendeanlagen kleiner Senderleistung für den UKW-Hörfunkbereich
sind von verschiedenen Herstellern zu Preisen von ca. DM 2.000 -
DM 10.000 erhältlich. Die Preise richten sich nach Senderleistung,
Ausstattung und Robustheit der Geräte. UKW- Empfangsradios
sind aufgrund ihres geringen Preises sehr weit verbreitet. Die Qualität
von UKW-Hörfunksendungen ist ausgezeichnet, die aus dem Mittel-
und Kurzwellenrundfunk bekannten Störungen treten hier nicht
auf. Die Antennenabmessungen sind relativ gering. Das gilt sowohl
für die Sende- als auch für Empfangsantennen. Im Sendefall
lassen sich mehrere Antennen mit noch vertretbarem Aufwand zusammenschalten
um die Sendeleistung zu erhöhen. Im Empfangsfall kann durch
Richtantennen (hier: "YAGI-Antennen"), auch in weiterer Entfernung,
noch ein ausreichend starkes Signal empfangen werden. Die Sender
werden mit Niederspannung von 12 Volt Gleichstrom gespeist. Dadurch
ist die Stromversorgung durch Solar-, Wind-, Wasser- Energieerzeuger
möglich. Notstrombetrieb ist mit einfachen Maßnahmen
machbar.
Die Reichweite einer UKW-Radiostation wird durch die Höhe
ihrer Antenne und der Sendeleistung bestimmt. Der "Radiohorizont"
(Reichweite der Radiowellen) im UKW-Bereich entspricht dem optischen
Horizont plus 20%. Daraus ergibt sich die minimale Antennenhöhe.
Eine Erhöhung der Antenne bewirkt eine Zunahme der Signalstärke,
wodurch die Senderleistung und damit der Strombedarf gesenkt werden
kann. Daraus folgt eine Minderung der Folgekosten. Durch konstruktive
Maßnahmen läßt sich ein sogenannter Antennengewinn
in der gewünschten Senderichtung erzeugen, wodurch auch hier
die Signalstärke zunimmt.
Antennen sind gefährdet gegen Blitzeinschlag. Die Wahrscheinlichkeit
eines Blitzeinschlages steigt mit der Aufbauhöhe, daher muß
auf die Blitzerdung besonders geachtet werden. Es muß für
eine ausreichende Ableitung gesorgt und die Schrittspannungen müssen
durch geeignete Maßnahmen (Abdeckung des Bodens durch Asphalt
oder Schotter) auf ungefährliche Werte herabgesetzt werden.
Für die Sende- und Aufnahmestudios können Geräte
der Unterhaltungselektronik benutzt werden. Diese Geräte sind
besonders leicht zu beschaffen, meist kostengünstig und haben
eine benutzerfreundliche Bedienung. Sie sind in der Regel mit geringem
Aufwand zu entstören, um Einstrahlungen durch die vom Sender
erzeugte Energie zu vermeiden oder zu beseitigen.
Der entscheidende Punkt zur Realisierung eines Radios liegt nicht
im technischen Bereich, sondern in der Frage wie die Community das
Medium technisch, politisch und kulturell kontrollieren kann. Dies
ist der Grund, warum wir uns in unserer Untersuchung nicht auf die
rein technischen Fragen begrenzen können. Der Einsatz des Radios
in einem Dorf oder Stadtteil setzt ein Minimum von Community-Strukturen
voraus. Ansonsten kommt es zu einem von oben aufgesetzten Radioprojekt,
das bei hohem Informationsgehalt und Bürgernähe durchaus
Verdienste erringen kann - nur ist das ein anderer Ansatz. Die Programme
kommen dann nicht mehr aus der Community, dementsprechend haben
auch die dort lebenden Menschen Probleme, sich mit dem Medium zu
identifizieren. Ziel eines Basisradio-Ansatzes darf es nicht sein,
zarte Ansätze von Selbstorganisation durch ein massives Input
von außen (aus der Stadt oder den reichen Ländern des
Nordens) im Keim zu ersticken. Das Community-Radio darf auch nicht
zur Marotte von Einzelpersonen verkommen, die damit ihr Hobby betreiben.
Es wurde keine regionale Festlegung für die Radioprojekte
getroffen. Ein Community-Netz, das die Radioarbeit tragen könnte,
sollte zumindest in Ansätzen in den Orten existieren. Ein zweites
Standbein könnten Bildungs- und kulturelle Programme von Initiativen
außerhalb darstellen. Bei dem Besuch der Ortschaften, in denen
eventuell Sender aufgebaut werden sollten, wollten wir folgende
Fragen prüfen:
*
|
Bevölkerungsstruktur und Bevölkerungsdichte
|
*
|
Sprachen- und Bildungsstruktur
|
*
|
Verbreitung und Nutzung von Medien
|
*
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Angaben zu bisheriger Arbeit mit den Zielgruppen in der Region
|
*
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Interessen und dringende Bedürfnisse der Bevölkerung
|
*
|
Möglichkeiten und Hindernisse der kommunalen Anbindung
des Radios (örtliche Hierarchien, Akzeptanz und Kontrolle
durch die Community)
|
Die Große Karoo ist eine Wüste im Hochland der Kapprovinz.
Die Hochebene wird von zahlreichen Bergmassiven überragt, die
Berge sind felsig und ohne jegliche Vegetation. Diese in der Ebene
besteht hauptsächlich aus Buschgestrüpp. Aufgrund der
Dürre in den letzten Jahren sind die meisten Flüsse ausgetrocknet.
URDEP hatte die Region der Karoo als Zielgebiet für lokale
Sender angegeben. Gründe waren neben fehlender Infrastruktur
und Vernachlässigung durch die politischen und sozialen Organisationen
das Alphabetisierungsnetz, das URDEP in der Region aufbaut. URDEP
hatte verschiedene ausgewählt, um von ihnen ein Community-Profil
zu erstellen. Zum Teil gibt es in den Orten bereits Kontakte oder
sie sind bereits in das Alphabetisierungsprogramm einbezogen. Aus
der Erhebung URDEP's in den Gemeinden läßt sich folgendes
Resümee ziehen:
Der überwiegende Teil der Bevölkerung ist ohne Arbeit,
weit über die Hälfte der Erwachsenen sind Analphabeten,
Community- und Selbsthilfestrukturen sind kaum vorhanden.
Dies deckt sich mit unseren Eindrücken. Der Ort Fraserburg
steht exemplarisch für andere Orte in der Karoo, die wir aufgesucht
hatten. Ein Lehrer aus Fraserburg hatte wichtige Daten des Ortes
zusammengetragen, auf die wir in unserer Darstellung zurückgreifen.
Fraserburg ist ein kleiner Ort mit annähernd 5.000 EinwohnerInnen.
Die geographische Lage ist vergleichbar mit den meisten Orten, die
wir in der Karoo besucht haben. Auf flachem Land, im Hintergrund
weit entfernt ist eine Bergkette sichtbar. Das Land ist trocken,
anders als im Gebiet um Beaufort West gibt es keinen Bewässerungsbau.
In der Umgebung der Ortschaften sind Farmen weißer Inhaber
gestreut. Wenige Arbeitskräfte werden dauerhaft beschäftigt
- nach Angaben eines weißen Farmers in der Regel drei bis
vier Familien.
Ursprünglich besiedelten Khoi-Khoin die Region Fraserburg,
Anfang des 18. Jahrhunderts ließen sich andere Bevölkerungsgruppen
nieder. Heute leben hier folgende Gruppen:
Ein beträchtlicher Teil der BewohnerInnen des "Coloured"-
Townships sind arbeitslos, eine Minderheit empfängt staatliche
Unterstützung oder Rente. Das monatliche Einkommen bewegt sich
zwischen 40 und 500 Rand. Der Großteil der Beschäftigungsverhältnisse
besteht im Landwirtschafts- und Baubereich, ein kleiner Teil in
Haushalten ("Domestic Workers"). Das Zentrum Fraserburgs, in Südafrika
ist das Zentrum auch immer "weiße" Stadt, verfügt über
die gängige Infrastruktur einer ("weißen") Kleinstadt:
Banken, Imbisse, Bäckerei, Fleischereien, Getränkeshops,
Tankstelle, Hotel, Beerdigungsunternehmen (4!), Schrottplatz, eine
Ziegelei, ein Hotel und ein Transportunternehmen (für Vieh!).
Die Beschäftigungsstruktur gibt bereits einen Hinweis auf
den fehlenden Boden für eine breitere gewerkschaftliche Organisierung.
Als einzige progressive Gewerkschaft ist nach unserem Informationsstand
nur die South African Democratic Teachers Union vertreten.
Die Stadtverwaltung wird (zur Zeit noch) von Weißen gewählt.
Das städtische Management Committee genießt nicht die
Unterstützung der Communities. Die Zusammensetzung der politischen
Parteien ergeben sich aus der nebenstehenden Tabelle.
Im Gespräch nannten die weißen BewohnerInnen von Fraserburg
nur die National Party, so daß uns die große Unterstützung
für die Conservative Party im Nachhinein sehr erstaunt hat.
Das weist daraufhin, daß sich die Weißen - dies können
wir wohl für die Karoo verallgemeinern - eine rechts-reaktionäre
Option offen halten.
Party
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Whites
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Coloureds
|
National Party
|
10% .htm
|
1%
|
Conser- vative Party
|
85%
|
0%
|
ANC
|
5%
|
60%
|
Dieses "Coloured" Township beherbergt ca. 3.000 Menschen. Die Häuser,
aus Zementsteinen erbaut, werden von durchschnittlich 11 Personen
bewohnt. Von den 306 Häusern sind 51 in Privatbesitz; für
die anderen bewegt sich die Miete für die 1-4 Raumhäuser
zwischen 6 und 60 Rand. Neben zwei Primary Schools gibt es eine
High School und drei Kindergärten. An der High School arbeiten
zwei Lehrer, die an einer Aktivierung der Community interessiert
sind. Die örtlichen Polizisten geben als Hauptdelikt Trunkenheit
an, Einbrüche scheinen auch ein Problem darzustellen. An Krankheiten
rangieren TB und Bronchitis an erster Stelle. Transport stellt eines
der wesentlichen Probleme dar. Es gibt kein öffentliches Transportwesen.
Die Leute aus dem Township nutzen Beerdigungen, um den Ort zu verlassen.
Ansonsten gibt es nur private Mitfahrmöglichkeiten, wobei horrende
Fahrpreise verlangt werden.
Die Community-Organisierung steht erst am Anfang. Eine Sozialarbeiterin
aus Beaufort West kommt monatlich, ebenso Menschenrechtsanwälte.
Die Schulen und Kirchen bieten Essensprogramme. URDEP hat die Alphabetisierungsarbeit
mit Erwachsenen begonnen.
Die vorherrschende Sprache ist Afrikaans. Radioprogramme müssen
vorrangig in Afrikaans ausgestrahlt werden, da nur die Schulkinder
über bessere Englischkenntnisse verfügen. Radio und Fernseher
sind weit verbreitet. Selbst im ärmsten Teil von Ammerville
sahen wir in den Haushalten Radio- und Fernsehgeräte.
Etwa 2,5 Millionen Menschen definiert das Apartheidsregime als "Cape Coloureds"
oder "Mischlinge". Die "Coloureds", diese verstoßenen Stiefgeschwister
der weißen Herren, werden nun von diesen besonders umworben.
Schließlich können sie zur Überlebensfrage für die
National Party bei den kommenden Wahlen werden, will sie noch eine bestimmende
Rolle auf der offiziellen politischen Bühne im neuen Südafrika
spielen. Bei der Gesamtheit der "Coloureds" kann aufgrund sozialer,
religiöser und Unterschiede in der Herkunft der Vorfahren nicht von einer
homogenen Gruppe gesprochen werden. Doch in den abgelegenen kleinen Ortschaften
der Karoo bietet sich ein einheitliches Bild. Die "Coloured"- Bevölkerung
ist von der Infrastruktur des industriell entfalteten Südafrika weitgehend
abgeschnitten, offensichtlich lediglich ein Arbeitskräftereservoir. Sie
lebt in Arbeitslosensiedlungen, die aufgrund fehlender Subsistenzwirtschaft
ohne Selbstversorgung sind. Für uns strahlten diese Townships eine immense
Lethargie aus. Inwieweit neben den sozialen Bedingungen auch kulturelle
Entwurzelung Resignation hervorgerufen haben, dürfte eine wichtige Frage
für diejenigen sein, die in diesen Communities arbeiten wollen. Bisher
sind auch die (sozial)politischen Organisationen kaum in diese Gegend
vorgedrungen. URDEP hat sich diese Region als einen Schwerpunkt ihrer Arbeit
auserwählt. Es wird nicht einfach sein, Ansätzen von Selbsthilfe auf
die Beine zu helfen, dies wurde uns in Gesprächen mit Aktiven aus den
Communities deutlich. Damit sind auch den Möglichkeiten eines
Community-Senders Grenzen gesetzt. In Fraserburg arbeiten im wesentlichen drei
Personen daran, Selbstorganisationsansätze in der Bevölkerung zu
schaffen. Diese Personen nun auch noch mit einen Radioprojekt zu beladen, birgt
die Gefahr, die ersten zarten Ansätze von Community-Struktur zu
ersticken.
Andere Orte in der Karoo haben wir oberflächlicher abgefahren, um
Die topographischen Gegebenheiten der verschiedenen von uns besuchten
Ortschaften der Karoo sind vergleichbar. Die Orte liegen in der
Ebene. Bergketten bilden keine Hindernisse, da nur die jeweiligen
Ortschaften durch das Radio versorgt werden sollen. Die nächsten
Ansiedlungen liegen zu weit entfernt und es gibt auch keine größere
Anzahl von FarmarbeiterInnen, die wir in das Empfangsnetz einbeziehen
können.
Für den Sender- und Studiostandort bieten sich drei Lösungen
an:
1.
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Community Centre
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2.
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Hausbau
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3.
|
Container
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Der Sender kann im Studio installiert werden.
Eine Installation des Studios in einem Privathaus lehnen wir ab,
da zwar der Schutz vor Sabotage größer ist (Anwesenheit
der Bewohner in der Nacht), aber das Radio kann zu leicht privatisiert
werden.
zu 1.
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Die günstigste Lösung ist eine Installation in
einem von der Community genutzten Haus, so daß das Studio
im Bereich der sozialen und politischen Aktivitäten der
Community liegt.
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zu 2.
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Dort wo es kein Community Centre gibt, könnte ein Studiohäuschen
gebaut werden. Hierdurch entsteht allerdings ein zeitlicher
Vorlauf, der in der Planung berücksichtigt werden muß.
|
zu 3.
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Eine weitere Möglichkeit stellt die Nutzung eines Containers
da, in den Fenster und Türen eingebaut werden. Die Vorteile
sind hervorragender Blitzschutz und schnelle Verfügbarkeit.
Das Radio kann komplett umziehen, das ganze "Haus" wird einfach
umgesetzt.
Nachteil: Bei Beschlagnahmung kann das komplette Radio,
inklusive Studio und Räumlichkeiten, mit einem LKW abtransportiert
werden.
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Die Sendeleistungen betragen in der Regel 5 Watt an einer Rundstrahlantenne.
Damit können die Ortschaften ausreichend versorgt werden.
Paballelo ist das außerhalb der Stadt Upington gelegene Township
für die "afrikanische" Bevölkerung. Upington befindet
sich im Nordwesten der Kapregion, ca. 130 km entfernt von der namibianischen
Grenze. Die Gesamtzahl der Upingtoner beläuft sich auf etwa
80.000, die Weißen stellen weniger als ein Fünftel der
Bevölkerung. Nach offiziellen Angaben:
Als wir aus den kleinen Ortschaften der Karoo kamen, waren wir überrascht,
denn der Unterschied im Alltagsleben ist frappierend. Sozial keineswegs besser
gestellt, entfaltet sich im Township Paballelo doch ein völlig anderes
Bild des Zusammenlebens. Das soziale Geflecht der Menschen, das sich im Alltag
zeigt, ist offensichtlich viel engmaschiger und lebendiger als in den
abgelegenen Karoo-Orten. Paballelo wurde in den 60 er Jahren im Zuge von
Zwangsumsiedlungen geschaffen, der Apartheidsgesellschaft scheint hier eine
vergleichbare kulturelle und soziale Entwurzelung nicht in dem Ausmaß
gelungen zu sein. Widerstand hat es in der Vergangenheit gegeben. In der Folge
der Protestwelle von 1985 gegen die Mieterhöhungen wurden 14 Menschen aus
Paballelo zum Tode verurteilt und nach einer weltweiten Protestkampagne
begnadigt. Die Repression in der zweiten Hälfte der 80 er Jahre hatte
wenig von den Organisierungsansätzen übriggelassen; dies hat sich
erst in den letzten Jahren wieder verändert. An progressiven politischen
Organisationen sind der ANC, WOSA und verschiedene Gewerkschaften vertreten.
Daneben gibt es eine AnwohnerInnen - Initiative ("Civic Association"), ein
Resource Centre und verschiedene Kirchen.
Das Township macht einen relativ intakten Eindruck, BewohnerInnen haben
Gärten angelegt und Hecken gegen den Staub gepflanzt. Die Häuser, aus
Stein, sollten den BewohnerInnnen längst ("nach 10 Jahren") gehören,
dies hatte die Stadtverwaltung damals bei der Zwangsumsiedlung versprochen. Die
Straßen sind beleuchtet, mit dem flächendeckenden Flutlicht, das die
Kontrolle durch die Polizei erleichtern soll.
Das Squatter-Camp nebenan ist
nicht, wie sonst üblich, durch Zuzug von außen entstanden, sondern
beherbergt Leute, die das Township nicht mehr fassen konnte. Trotz unseres
kurzen Aufenthalt in Paballelo hatten wir den Eindruck, daß hier ein
guter Boden zur Entfaltung von Community- Aktivitäten vorhanden ist. In
Gesprächen mit Älteren, die sich als unpolitisch verstehen, trafen
wir bei der Vorstellung unseres Projektes auf ein spontanes Verständnis
von der möglichen Rolle eines Community- Radios: "In ihren Zeitungen sind
ihre Nachrichten - über uns ist nichts zu finden". Nicht einschätzen
können wir, ob es beim Aufbau eines Community-Radios zu Reibereien
zwischen den beiden Organisationen ANC und WOSA kommen könnte. Wir konnten
dieses Problem nur mit WOSA- nahestehenden Personen erörtern, die die
Gefahr einer Zuspitzung von Konflikten nicht sahen. Auch die Gefahr, daß
das Radio von einer bestimmten Fraktion okkupiert werden könnte und damit
der Community entzogen würde, schätzen sie nicht zu hoch ein. Wir
sind trotz dieser Erklärungen unsicher, wie die Verhältnisse vor Ort
sind; die Attraktivität des ANC dürfte bei weitem am
größten sein und damit auch eine Gefahr der Funktionalisierung eines
Radios als Parteimedium.
Keinen tieferen Einblick als Augenschein hatten wir in die Strukturen des
"Coloured"- Wohngebietes, das immerhin fast die Hälfte der Einwohner
Upingtons darstellt. Ein Teil ist sozial bessergestellt, ein
Mittelschichtsgebiet. Wie stark die soziale Kluft des "Coloured Working Class"-
Stadtteils zu Paballelo ist, ist uns nicht bekannt.
Neben der Verkehrssprache Afrikaans werden die meisten der "African"
Sprachen gesprochen. Die Vielfalt der Sprachen muß sich in
der Programmgestaltung wieder finden.
Statistische Angaben über die Mediennutzung liegen uns nicht
vor. Bei unseren Besuchen in verschiedenen Haushalten sahen wir,
daß Radio- und Fernsehgeräte verbreitet sind.
Wenn alle Ansiedlungen Upingtons, weiße Stadt und Townships,
in die Radioreichweite einbezogen werden, muß die Rundstrahlantenne
auf einen ca. 20 hohen Gittermast gesetzt werden, für Wartungsarbeiten
muß er besteigbar sein. Die Senderleistung für das gesamte
Gebiet Upingtons muß 80 Watt betragen. Da Teile von Paballelo
nicht am Stromnetz angeschlossen sind und um die Folgekosten niedrig
zu halten, bietet sich eine Ernergieversorgung durch Sonne und Wind
an. Studio, Sender und Antennenmast sollten in bzw. an einem von
der Community benutzten Gebäude installiert werden, da in Paballelo
kein Platz für einen Neubau vorhanden ist. Nur im Bereich des
Squatter- Camps könnte ein Gebäude gebaut werden, jedoch
kann das Radio hier kaum gegen Sabotage geschützt werden.
Die Gefahr der Sabotage ist hier gegeben, da rechtsradikale Weiße
und Polizisten in dem angrenzenden Steinbruch regelmäßig
Schießübungen durchführen.
2.3. Cala
Cala ist eine Stadt in der Region Xalanga im Westen der Transkei
(eines der Homelands). Sie liegt, getrennt durch ein Bergmassiv,
40 km entfernt von Elliot, einer "weißen" Stadt im offiziellen
Staatsgebiet Südafrikas. Cala hat keine Kanalisation, keine
ausreichende Wasserversorgung, die Straßen sind nicht asphaltiert.
Das Krankenhaus und die Schule sind in einem verheerenden Zustand.
Es gibt keine Arbeitsplätze, außer im öffentlichen
Sektor. Wanderarbeiter brachten früher Geld in die Stadt, doch
durch Massenentlassungen in den Minen brach das Wirtschaftsleben
in Cala zusammen. Der Zustrom von Menschen nach Cala ist aber ungebrochen.
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"Es erstaunt mich, daß die Menschen weiterhin nach
Cala kommen. Es gibt keine Arbeitsplätze hier, es gibt
keine Industrie in Cala, nur Jobs für Lehrer, Krankenschwestern
und im kommunalen Bereich. Anfang der 80 er, als Cala ein
Arbeitskräftereservoir war, hingen die Leute hier herum
und warteten auf die Anwerber von den Minen. Aber es gibt
keine Arbeitsvermittlung in Cala mehr. Warum kommen die Menschen
also immer noch? Die einzige Antwort, die ich mir denken kann,
ist, daß die Bedingungen in den ländlichen Gebieten
noch schlechter sind."
Mr. Soga, Stadtsyndikus von CALA
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Cala hatte 1992 35.000 Einwohner. Da es einen extremen Mangel an
Wohnraum gibt, wächst das Squatter- Camp ständig weiter. Squatters
machten 1992 schon zwischen 30 und 40 Prozent der Bevölkerung von Cala aus.
Die Bewohner Calas sind ausschließlich Xhosa, die Sprache
somit Xhosa.
Die katastrophale wirtschaftliche Lage der BewohnerInnen in Cala
führte nicht zur Resignation. Im Gegenteil gibt es viele Versuche
und Wege der Selbsthilfe. Eines der markantesten Beispiele ist der
selbstorganisierte Umsetzer für das Fernsehprogramm, den BewohnerInnen
von Cala auf dem Berg hinter der Stadt errichtet hatten. Zuvor konnte
kein Fernsehprogramm in Cala empfangen werden, die Behörden
reagierten nicht auf Anträge aus Cala. Als die Gebühreneintreiber
auftauchten wurden sie vertrieben, da der Umsetzer schließlich
den Leuten gehörte. Mittlerweile wird die Region Cala offiziell
von der SABC mit dem Fernsehprogramm versorgt.
Rückgrat der Community-Organisierung ist die Cala University Students
Association (CALUSA), die 1983 gegründet wurde. Hervorgegangen ist sie aus
den Kämpfen der radikalen Jugend in den 70 er Jahren. Kurz vor dem
Ausbruch der Revolte in Soweto 1976 wurden einige Jugendliche aus CALA
verhaftet, weil sie eine alternative Studentengruppe gegründet hatten.
Einige der Aktivisten saßen bis 1981 im Gefängnis.
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"Als wir nach CALA zurückkamen, war es uns nicht
möglich politisch aktiv zu werden, da wir unter strengster
Beobachtung standen. Deshalb wandten wir unsere Aufmerksamkeit
Bildungszielen zu. Ich habe dann einen Buchladen in der Stadt
betrieben und wir alle haben CALUSA aufgebaut."
Lungisile Ntsebeza, COMPED
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In den Gesprächen über ein Community Radio in Cala stellte
sich auch der Bedarf eines Bildungsradios dar.
Die möglichen Inhalte solcher Bildungsprogramme decken sich
mit den wesentlichen Problemen, die sich den Communities stellen.
Die Schulen können den Lernbedarf der SchülerInnen nicht
decken. Es gibt bereits Initiativen, das Radio als Medium im Fernunterricht
zu nutzen. Dies geschieht im formellen wie informellen Bereich.
An der Universität von Natal in Durban hat Comped, Community
Partnerships in Education, ihren Sitz. Ihr Leiter Lungisile Ntsebeza
entstammt der Community- Bewegung von Cala in der Transkei. Im Gespräch
mit uns meldete Herr Ntsebeza starkes Interesse an einem Radio in
Transkei an. Abgesehen von dem Nutzen für die Communities dort,
sieht er in den lokalen Radiosendern die Möglichkeit, einige
Probleme des Fernunterrichts zu lösen. COMPED bereitet Schulabgänger
aus benachteiligten Gemeinden auf den Universitätsbesuch vor
(das Niveau der schwarzen Schulen liegt in der Regel weit unter
dem der weißen).Mr. Ntsebeza verbringt viel Zeit damit, Seminare
in der Transkei abzuhalten, Unterrichtsbücher auszuteilen usw.
Seine Erfahrung ist, daß die SchülerInnen starke Schwierigkeiten
beim Arbeiten mit Büchern haben. Seminare müssen an zentralen
Punkten abgehalten werden, zu denen die meisten weite Anreisewege
zurücklegen müssen. Einiges könnte über Fernunterrichtsprogramme
im Radio abgewickelt werden, er könnte er die Jugendlichen
besser in der Arbeit mit den Unterrichtsmaterialien anleiten.
Die Landschaft Xalangas ist sehr zerklüftet. Es gibt sehr
hohe Berge und tiefe Täler. Es ist möglich, das ganze
Gebiet mit einem Sender vom Bergmassiv westlich von Cala aus zu
versorgen.
Auf dem Berg hinter Cala befindet sich ein Steinhäuschen, allerdings
fehlt das Dach. Dort war früher der von den Bewohnern selbst
betriebene Fernsehumsetzer installiert, der das Staatsfernsehen
nach Cala ausstrahlte. Es existiert keine Strominstallation. Dort
sollte der Sender aufgebaut werden. Es besteht Sichtverbindung mit
CALA, so daß über eine Richtfunkstrecke das Programm
vom Studiostandort zum Sender übertragen werden kann, wo es
dann abgestrahlt wird. Die Stromversorgung muß über Solarstrom
und Windgenerator erfolgen. Um die Stromanlage technisch beherrschbar
zu halten, sollte die Senderleistung nicht über 10 Watt betragen.
Daraus folgt eine relativ aufwendige Antennenkonstruktion. Durch
Stockung (übereinander installierte Antennenstrahler) und Ausführung
als Richtstrahler läßt sich die mindestens benötigte
Strahlungsleistung von 20 Watt erreichen.
Damit wird in 30 km Entfernung eine Freiraumfeldstärke von
58 dB(uV/m) erreicht. Für Monoempfang gilt eine Mindestnutzfeldstärke
von 48 dB(uV/m), bei Stereoempfang 54 dB(uV/m). Das Gebiet ist damit
theoretisch versorgt (Abschattungen durch Berggipfel könnten
Probleme bereiten).
Da die Sendeanlage auf dem Berg automatisch betrieben wird, existiert
eine größere Ausfallwahrscheinlichkeit. Mögliche
Ausfallursachen können sein:
1.
|
Technische Defekte
|
2.
|
Blitzeinschlag
|
3.
|
Sabotage
|
Die Probleme können behoben werden durch:
zu 1.
|
Bei regelmäßiger Kontrolle sind technische Defekte
selten. Es sollten alle Geräte, die ausfallen könnten,
als Ersatz vorhanden sein, so daß der Betrieb sofort
wieder aufgenommen werden kann.
|
zu 2.
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Auswirkungen auf die Geräte (Sender, Empfänger,
Laderegler) durch Blitzeinschlag lassen sich nicht exakt vorher
berechnen. Nach Blitzeinschlag muß die Blitzschutzpatrone
(trennt den Sender von der Antenne) erneuert werden. Eventuell
defekte Geräte müssen ausgetauscht werden. Die gesamte
Sendeanlage: (Stromversorgung, Sender und Empfänger,
Antennenanlage, Blitzschutzinstallation) muß überprüft
werden.
|
zu 3.
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Die Sabotagegefahr droht aus Elliot. Elliot ist stark von
der AWB, der faschistischen Afrikaaner Widerstandsbeweging,
dominiert. Es fällt uns aber schwer hier eine Prognose
zu wagen.
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Da
ein Radio davon lebt, das es immer (zu den angekündigten Sendezeiten) zu
empfangen ist, sollte am Studiostandort in CALA eine weitere Sendeanlage
installiert werden. Da Netzstrom vorhanden ist, ist es möglich, mit
höherer Senderleistung zu arbeiten. Bei Ausfall des Senders auf dem Berg
kann nicht mehr das ganze Gebiet versorgt werden. Da aber in CALA und seinem
Einzugsbereich der überwiegende Teil der BewohnerInnen von Xalanga leben,
ist das Radio immer noch für die Mehrheit "ON AIR", bis die Sendeanlage
auf dem Berg wieder betriebsbereit ist. Der Sender in CALA sollte eine
Notstromversorgung haben. Bei Netzausfall wird die Senderleistung auf 5 Watt
heruntergeschaltet, um den Aufwand technisch und personell überschaubar zu
halten. Über die Notstromversorgung kann auch das Studio versorgt werden.
Deshalb sollte das Studio aus mit 12 Volt betriebenen Geräten bestehen.
Bush Radio ist eine Initiative für ein Stadtteilradio in Kapstadt.
Nach vergeblichen Versuchen eine Sendelizenz zu erhalten startete
Bush Radio 1993 als Piratensender. Am nächsten Tag wurde der
Sender von der Postbehörde beschlagnahmt.
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"Bush Radio wurde gegründet für jeden, um seine
Bedürfnisse, seine Probleme und seine Sicht der Dinge
zu artikulieren. Die Menschen in der Community müssen
ein Forum haben, wo sie miteinander kommunizieren können
- und das ist was Bush Radio ist"
G. Urgoiti, Co-ordinator
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Neben den Versuchen sich als Radio zu etablieren, bietet Bush Radio Workshops
zu Themen und Bereichen an, die im Zusammenhang mit dem Aufbau und dem Betrieb
eines lokalen Radios stehen. Insbesondere betreibt Bush Radio ein großes
Studio, wo die Kenntnisse der Programmerstellung vermittelt werden sollen.
Radio Zibonele ist ein illegales Radio in Khayelitsha, einem schwarzen
Township bei Kapstadt. Einmal wöchentlich für eine Stunde
sendet es über Themen der Gesundheitsvorsorge. Betrieben wird
es von den "Community Health Workers". Die Technik besteht aus einem
kleinen UKW-Radiosender, einem Mischpult und einem Kassettenrecorder.
Die Sprache in der gesendet wird ist Xhosa.
Den Basisgruppen und Initiativen muß die Gelegenheit gegeben
werden, ihre eigenen Erfahrungen mit dem Radio zu machen. So wächst
das Radio, und das Selbstbewußtsein der RadiomacherInnen festigt
sich. In diesem Prozeß haben alle die Möglichkeit, diese
Erfahrung zu machen. Soweit es möglich ist, soll die Ausbildung
der Mitglieder für das Radio in der Basisgruppe erfolgen. Das
erleichtert insbesondere Frauen den Zugang, da sie in der Regel
für die meisten Probleme des Alltages zuständig sind und
daher häufig nicht so leicht "abkömmlich" sind. So wird
insbesondere in der Aufbauphase erreicht, daß die Mitglieder
trotz struktureller und patriarchalischer Zwänge sowie unterschiedlicher
Bildung ähnliches Wissen und Können erlangen.
Partizipatorische Initiativen müssen sich davor schützen,
daß Menschen, die aufgrund ihrer sozialen Stellung auch eine
bessere "Bildung" besitzen, sich in Positionen drängen, die
ihre Stellung nur zementieren können. So ist auch eine Teilnahme
an einem "Radiokurs" ohne eigene Erfahrungen - entstanden aus dem
eigenen Kulturkreis - kontraproduktiv. Hier wird die Hilflosigkeit
der Benachteiligten zementiert, sie erhalten keine Chance, ihre
Kultur in und über das Medium Radio zu transportieren.
Eine Weiterbildung in den Bereichen Radiotechnik und Journalismus
muß sich an den Erfahrungen und Bedingungen der Community
ausrichten.
Die Machbarkeit von Community- Radio in Südafrika ist insbesondere
in den gewachsenen Communities gegeben. Auch in den marginalisierten
Communities in der Karoo sind kleine Radio Projekte möglich.
Hier ist aber insbesondere darauf zu achten, daß Anfänge
einer Selbstorganisation nicht durch ein massives Input von außen
zerstört werden
Der Träger des Radios muß die Community sein.
Entscheidungen über Inhalte und Form werden im Radio - Komitee
gefällt. Mitarbeiten kann jedes Mitglied der Community. In
"offenen" Sendungen können alle Mitglieder der Community ihren
Beitrag abgeben bzw. dort sprechen. Alle Mitglieder der Community
können an Programm Projekten mitarbeiten. Zensur wird nur in
dem Rahmen ausgeübt, wo die Ziele des Radios und der Community
verletzt werden. Wie z.B.: rassistische Inhalte. Daraus folgt, das.
Mitglieder der Community auch "krude" Meinungen zum besten geben
dürfen, Parteien, Organisationen, Kirchen usw. aber nicht.
Probleme der Werbung, des "Fundrising" und der "Professionalisierung:
Werbespots für Besitzer kleiner Läden, Handwerkern,
kleinen Dienstleistern aus dem Township, oder der Community sind
solange unproblematisch,solange der dadurch erwirtschaftete Anteil
des Geldbedarfes gering ist, bzw. die ständigen Kosten (Infrastrukturkosten)
sehr niedrig sind. Wenn der Betrieb des Community-Radios von den
Werbeeinnahmen abhängig ist, besteht die Gefahr der Einflußnahme
durch die Werbekunden. Ein ähnliches Problem stellt das Fundrising
dar. Das betrifft sowohl kommerzielle Unterstützer als auch
NGO's.
Sollte der Einzugsbereich eines Basisradios zu groß werden,
sollte über die Errichtung eines weiteren Radios nachgedacht
werden. Dabei sollte die Möglichkeit geschaffen werden, gemeinsame
Sendungen auszustrahlen, oder Sendungen des anderen Radios zu übernehmen.
So bleibt der lokale Charakter der Radios erhalten, aber es muß
nicht jede Community zu allen globalen Themen (wie z.B.: Gesundheitsvorsorge/
Hygiene usw.) Programme erarbeiten.
Es sollten bei der Bewilligung von Basisradio Projekten besonders
bedacht werden:
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Die Möglichkeit der Vernetzung mit anderen Radios.
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Daraus folgen eventuelle Kosten für Linkstrecken (feste
Funkverbindungen), Fahrt- und erhöhte Telefonkosten.
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Folgekosten sind insbesondere Kosten für den Ersatz
und die Reparatur von Sendern, Studiogeräten, Antennenanlagen,
Stromversorgung. Darunter fallen auch die Infrastrukturkosten
wie Miete- Strom usw.
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Infrastrukturkosten können durch z.T. höhere Anfangskosten
niedrig gehalten werden. Das sind höhere Antennenmasten,
aufwendigere Antennenkonstruktionen, Stromversorgung durch
Sonnenenergie, Windenergie und/oder Wasserkraft, den Kauf
des Gebäudes, der Errichtung des Radios in einem Container
(bei absurden Mietforderungen kann das Radio relativ leicht
umziehen).
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Das Interesse an dem Medium Community Radio ist sehr groß
und unserer Einschätzung nach ist es möglich den verschiedenen
Communities dieses Medium in die Hand zu geben.
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